Sonntag, 19. April 2009

'N Oschterbericht.

Wie ausgestorben. Athen, eine leere, tote Stadt? Zu eigentlich jeder Zeit des Jahres kann man über solche Aussagen nur schmunzeln und sie als "ironische Bemerkung" abheften und vergessen. Nicht jedoch an Ostern. Über das Osterwochenende ist Athen wirklich eine tote Stadt: Die Straßen sind sowohl menschen- als auch fahrzeugleer, die Metro ist leer, die Busse sind leer - leer ist das Adjektiv, mit dem man den Zustand der Stadt der Stadt wahrscheinlich in diesen Tagen am besten beschreiben kann. Die Menschen sind ausgeflogen: In ihre Heimatorte, die netten griechischen Dörfer, die einem sofort vor Augen sind wenn man an "Griechenland" denkt. Dort verbringen sie die Ostertage mit Freunden & Verwandten - Ostern ist ein Fest für die ganze Familie.

Leer ist jedoch nicht das passende Adjektiv, um die Stimmung in der Stadt zu beschreiben: Angefangen am Karfreitag, wo Flaggen auf Halbmast wehen und den ganzen Tag über das Totenläuten der Kirchen über der Stadt hängt - stetig wird man an die Bedeutung dieses Tages erinnert. Abends pilgern die Athener - gefühlt nahezu alle - in die Kirchen, um in einem langen Gottesdienst inkl. einem symbolischen Prozession durch die Stadt dem Sterben & der Grablegung Jesu zu Gedenken, nicht ohne gegen Ende der 3 1/2 Stunden schon auf die Hoffnung der Auferstehung hinzuweisen. Schade nur, dass man als Aussenstehender weitgehend nicht begreift, wie die ganzen Symbolhandlungen zu deuten sind. Am Ostersamstag freut sich jeder schon auf den Abend, denn kaum einer der der dem Glauben - oder wenigstens der Tradition - nicht ganz abgeneigt ist, wird sich den nächtlichen Gottestdienst entgehen lassen, der schlicht "H Anastash" ("Die Auferstehung") heißt. Um 23 Uhr beginnen die Choräle in den Kirchen, die für passende Stimmung sorgen - trotz Menschenmassen irgendwie eine ruhige, fast meditationsartige Atmosphäre. Irgendwann gehen alle Lichter aus, in der Kirche ist es finster, nur ein einsames Lichtlein leuchtet einem Diakon, damit er aus dem Evangelium lesen kann: Die Frauen entdecken das leere Grab Jesu. Als der Priester das Ewige Licht aus dem Altarraum bringt, gehen die Lichter wieder an, damit die Gläubigen nicht stolpern wenn sie ihr Osterlicht entzünden, das - ausgehend von eben jenem ewigen Licht - nun die Runde macht. Allen voran zieht nun der Priester mit dem Evangelium erhoben nach draußen, vor die Kirche, um es dort zu verlesen - offenbar wird nun die Gute Nachricht in die Welt hinaus getragen, das versteht man sogar als orthodox-unkundiger. "Christos anesti!" ("Christus ist auferstanden!") ruft der Priester am Ende der Gemeinde zu, 3mal. Jedes Mal wird von der Gemeinde freudig erwidert: "Alithos anesti!" ("Er ist wahrhaftig auferstanden!") - ein Zuruf, der sich nun samt Antwort bei nahezu jeder zwischenmenschlichen Begegnung wiederholen wird. Doch noch ist nicht alles vorüber - auf "Die Auferstehung" folgt ein Gottesdienst, dem erstaunlich viele noch beiwohnen - angesichts der Tatsache, dass er weitere (gute) zweieinhalb Stunden dauert. Meine Kerze hat sogar danach noch gebrannt, und so hatte ich das Vergnügen ein Teelicht in meinem Zimmer mit dem ewigen Licht zu entzünden. Das brannte dann allerdings nur 15 Minuten - mir fielen quasi mit dem Atemzug indem ich es ausgepustet habe die Augen zu.

Ein schönes Erlebnis war's auf jeden Fall, und als kleiner Tipp: in zwei Jahren fallen orthodoxe Ostern und "westliche" Ostern zusammen, eine gute Gelegenheit also, seinen Griechenlandurlaub in die Osterferien zu legen und das ganze Geschehen hautnah mitzuerleben. Der heutige Sonntag scheint hier in Griechenland ein Tag der Familie zu sein - wo bei uns die Kirchen am Ostersonntag voll sind, sind sie hier leer. Ich glaube, heute morgen hab' ich die Kirche hier noch nie so leer gesehen...alle auf Tagesausflügen mit der Familie. Ich hatte das Vergnügen, das typische Ostersonntagsessen (ein nach Spanferkel-Manier gebratenes Lamm) in einem streetworker-Zentrum, das sich um Drogenabhängige kümmert, zu mir zu nehmen. Lecker war's - wie eigentlich immer bei griechischem Essen.

Christos anesti!

P.S: Natürlich kommt die Stimmung nicht "original" rüber, trotzdem gibt's für euch zwei Videos von der Evangeliumsverkündung außerhalb der Kirche: hier und hier.

Meine Zeilen des Tages
Es dreht
das Lamm.

Es isst's
der Fabi.

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